Autoren: Johannes Gramlich, wissenschaftlicher Mitarbeiter Provenienzforschung und Jochen Meister, Leitung Besucherservice und Kunstvermittlung
Vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren haben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen rund 900 Kunstgegenstände übernommen, die bis 1945 hochrangigen Organisationen und Funktionären der NSDAP gehört hatten – darunter Werke aus den Sammlungen von Adolf Hitler, Hermann Göring, Heinrich Hoffmann und der NSDAP-Parteikanzlei. Seit 2013 recherchieren die Staatsgemäldesammlungen zu den Provenienzen dieser Objekte im Forschungsprojekt "Überweisungen aus dem Staatsbesetz", das derzeit von Johannes Gramlich und Sophie Kriegenhofer bearbeitet wird.
Aufgrund der Vorbesitzer besteht bei diesen Werken von vornherein ein erhöhter Verdacht auf NS-Raubkunst. Dies gilt allerdings nicht für sämtliche Kunstgegenstände aus diesem Bestand. Über 200 Werke stammen von zeitgenössischen Künstlern des Nationalsozialismus. Sie entsprachen dem Geschmack und der Kunstauffassung des NS-Staats und wurden von den NS-Funktionären meist auf Verkaufsausstellungen erworben. Dazu gehört Adolf Zieglers Triptychon Die Vier Elemente, das in der NS-Zeit millionenfach reproduziert worden ist und zu den bekanntesten Werken nationalsozialistischer Kunstproduktion zählt. Problematisch ist in diesem Fall also nicht die Provenienz, sondern das Werk und sein Künstler selbst.
Am 8. April 2020 findet der 2. Internationale Tag der Provenienzforschung statt, an dem über 100 Kultureinrichtungen in Deutschland und darüber hinaus ihre Arbeit auf diesem Gebiet vorgestellt hätten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie müssen jedoch alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt werden. Anstatt einer Dialogführung in der Pinakothek der Moderne informiert nun dieser Blogbeitrag über den Künstler Adolf Ziegler, das Triptychon Die Vier Elemente und seine Rezeption in der Nachkriegszeit. Am Ende bleibt die Frage: Wie soll man mit einem solchen Werk heute umgehen?