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Der Blog der Pinakotheken

Geschichten aus dem Museum

16.09.2024 | Dr. Oliver Kase

Picassos „Femme au violon“

Rückkehr eines Meisterwerks

Erstmals seit über 50 Jahren ist es gelungen, ein Schlüsselwerk des Kubismus zu erwerben und dauerhaft nach München zurückzubringen. Mit Pablo Picassos „Femme au violon“ von 1911 bereichert nun ein ikonisches Werk der Kunstgeschichte die Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne. Diese Neuerwerbung ist das Ergebnis mehrjähriger Bemühungen und wurde durch die Unterstützung von sechs Förderern möglich gemacht. Ein Anlass, um die Bedeutung dieses Kunstwerks und die Einbettung in den Kontext der kubistischen Bewegung zu feiern. 

Ein Meisterwerk des analytischen Kubismus 

„Femme au violon“ gilt als eines der Höhepunkte von Picassos analytischem Kubismus. Entstanden im Frühjahr 1911, markiert es einen entscheidenden Moment in Picassos Schaffen, in dem die Auflösung des Gegenständlichen nahezu vollständig erreicht wurde. Die Komposition, geprägt durch eine geometrische Zerlegung von Figur und Instrument, fasziniert durch ihre reduzierte Farbgebung in Grau-, Braun- und Ockertönen sowie das gleichzeitige Pulsieren durch den tüpfelnden Farbauftrag, der der Leinwand eine lebendige Textur verleiht. 

Pablo Picasso (1881–1973), Femme au violon, 1911, Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne, Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Haydar Koyupinar

Die Rückkehr nach München 

1912 war das Werk in der legendären „Sonderbund“-Ausstellung in Köln zu sehen. Der Sammler und Kunsthändler Alfred Flechtheim erwarb das Werk unmittelbar und „Femme au violon“ wurde bereits 1913 erstmals in München in der weltweit ersten Picasso-Retrospektive in der „Modernen Galerie Heinrich Thannhauser“ gezeigt. Damals sorgte die Ausstellung für großes Aufsehen und trug maßgeblich zur Erfolgesgeschichte des französischen Kubismus in Deutschland bei. Über weitere Stationen gelangt die “Femme au violon” um 1927 in die berühmte Sammlung des Krefelder Textilfabrikanten Hermann Lange. Das Gemälde blieb in der Familie Lange und kehrte zunächst 2014 als Dauerleihgabe nach München zurück, bevor es 2024 endgültig für die Pinakothek der Moderne erworben werden konnte. 

Diese Erwerbung schließt eine Lücke in der Münchner Sammlung und erlaubt es, die Entwicklung des Kubismus nun umfassend darzustellen. In Kombination mit George Braques „Frau mit Mandoline“ (1910), die sich ebenfalls in der Sammlung befindet, wird der künstlerische Dialog zwischen den beiden Pionieren des Kubismus auf einzigartige Weise erfahrbar. 

Der künstlerische Dialog zwischen Picasso und Braque 

Die Gegenüberstellung von Picassos „Femme au violon“ mit Braques „Femme à la mandoline“ ermöglicht es, die tiefe Verflechtung der beiden Künstler während der Entwicklung des analytischen Kubismus zu erleben. Beide Werke stehen stellvertretend für den innovativen Austausch zwischen Picasso und Braque, die in den Jahren 1908 bis 1912 gemeinsam neue Wege der Darstellung erkundeten und die Grundlagen für die moderne Kunst legten. 

Durch den Erwerb der „Femme au violon“ wird dieser bedeutende Dialog in der Pinakothek der Moderne lebendig und für ein breites Publikum zugänglich. Die Präsentation in Saal 29 hebt nicht nur den Einfluss des analytischen Kubismus hervor, sondern zeigt auch, wie diese künstlerische Bewegung die Werke der nachfolgenden Generationen geprägt hat. 

Georges Braque, Femme à la mandoline, 1910, Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Haydar Koyupinar © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Ein wertvolles Stück Kunstgeschichte 

Die „Femme au violon“ ist nicht nur künstlerisch bedeutsam, sondern auch historisch. Wie die Ausstellungshistorie zeigt, kann die Bedeutung des Werks für die deutsche und internationale Kunstwelt kaum überschätzt werden. Es spiegelt den innovativen Geist der Moderne wider und zeigt, wie Künstler wie Picasso die Grenzen der Kunst sprengten, um neue Ausdrucksformen zu finden. 

Eine dauerhafte Bereicherung für die Sammlung 

Dank der Unterstützung des Freistaats Bayern, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder, der Würth-Gruppe und von Fritz Schäfer (Schweinfurt) konnte das Werk nun endgültig für München gesichert werden.  

„Femme au violon“ wurde nun anlässlich dieser Neuerwerbung und Präsentation in Saal 29 neu gerahmt. Das Gemälde erhielt durch Knoell Rahmen Basel einen italienischen Renaissance-Kassettenrahmen (Nussbaumholz, Toskana, frühes bis mittleres 16. Jahrhundert). Auch George Braque, „Femme à la Mandoline“, wurde ebenfalls mit einem neu angefertigten, erstmals ovalen Gemälderahmen aus Kieferholz nach einem barocken Profil ausgestattet. 

Ein Meilenstein für die Pinakothek der Moderne 

Mit der Rückkehr von „Femme au violon“ nach München schließt sich ein Kreis in der Geschichte des Kubismus. Die Pinakothek der Moderne hat es geschafft, ein zentrales Werk Picassos für die Stadt und ihre Besucher:innen zu sichern, das sowohl künstlerisch als auch historisch von unschätzbarem Wert ist. Die Präsentation kubistischer Werke in Saal 29 der Pinakothek bietet Kunstliebhaber:innen die einzigartige Gelegenheit, die Geschichte des Kubismus in all seinen Facetten zu erleben – von den Anfängen des analytischen Kubismus bis zu seiner Weiterentwicklung in den 1920er-Jahren. 


Beitrag von

Dr. Oliver Kase ist Sammlungsdirektor Pinakothek der Moderne | Sammlung Moderne Kunst und Sammlungsleiter Klassische Moderne.