Geänderte Öffnungszeiten am Mittwoch, 21.05.2025

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Der Blog der Pinakotheken

Geschichten aus dem Museum

20.10.2024 | Isabel Gebhardt und Michaela Tischer

Glamour, Glitter, Neonfarben

Erhaltung von außergewöhnlichen Materialien im Werk von Andy Warhol und Keith Haring

Andy Warhol und Keith Haring griffen immer wieder zu besonderen Materialien: winzige Glitzerpartikel, pudrige Tafelkreide, schillerndes Kupferpulver oder leuchtende Neonfarben verleihen den Werken faszinierende visuelle Effekte. Doch diese Materialien stellen aufgrund ihrer Fragilität und Vergänglichkeit große Herausforderungen für den langfristigen Erhalt dar. Im Blogbeitrag anlässlich des 7. Europäischen Tages der Restaurierung beleuchten Isabel Gebhardt und Michaela Tischer, Restauratorinnen des Doerner Instituts, welche spezifischen Ansätze in der musealen Praxis notwendig sind, um diese besonderen Kunstwerke zu bewahren.

Auf Warhols berühmten „Oxidation Paintings“ heben sich leuchtende Grüntöne vom kupferfarbenen Untergrund ab. Entstanden sind diese Oxidationen durch die Reaktion von Urin mit den in der Farbe enthaltenen Kupferpigmenten.

Shine on, you crazy diamond

Andy Warhol ist bekannt für seine ikonischen Motive, die er mittels Siebdrucks auf bemalten Leinwänden verewigte. Mitunter kamen dafür auch ungewöhnliche Materialien zum Einsatz. Der „Diamond Dust“, den Warhol ab 1979 verwendete, ist ein funkelndes Beispiel. Die Materialbezeichnung lässt vermuten, dass es sich um echte Diamantpartikel handelt, was angesichts von Warhols Faible für Glamour und teuren Schmuck durchaus plausibel erscheint. Maltechnische Untersuchungen enthüllten den „Diamond Dust“ jedoch als gemahlenes Glas.

Warhols erste Versuche, Motive auf Leinwand mit echtem Diamantstaub zu veredeln, scheiterten – die feinen Partikel reflektierten nicht und der gewünschte Glitzereffekt blieb aus. Stattdessen griff Warhol zu billigem, in der Schaufensterdekoration verwendetem Glitter aus gemahlenem Glas. So profan das Ausgangsmaterial auch ist, lässt es seine Werke strahlen – auch die prominenten „Diamond Dust Shoes“.

Durch das Verfahren des Siebdrucks übertrug Warhol Motive von Vorlagen – meist Fotografien – auf mit Acrylfarbe bemalte Leinwände. Unmittelbar danach wurden Glaspartikel in die noch feuchte Siebdruckfarbe gestreut. Doch gerade durch diese besondere Materialwahl und Beschaffenheit stoßen Restaurator:innen für moderne und zeitgenössische Kunst an Grenzen. Die extrem empfindlichen Oberflächen sind stark anfällig für Staubablagerungen, da diese an der rauen Struktur besonders gut haften. Oberflächenreinigungen sind daher praktisch unmöglich. Präventive Maßnahmen, wie beispielsweise eine staubdichte Lagerverpackung, rücken verstärkt in den Fokus – damit die Werke auch weiterhin strahlen.

Lost in the Subway

Im New York der frühen 1980er-Jahre entdeckte Keith Haring ungenutzte Werbetafeln in U-Bahn-Gängen für sich. Auf die schwarzen, in Rahmen geklebten Platzhalter-Papiere zeichnete er mit einfacher Tafelkreide seine charakteristischen „Subway Drawings“. Diese erfreuten und irritierten Vorbeieilende und erlangten mit ihrer unverwechselbaren Bildsprache in kürzester Zeit Kultstatus.

Da die flüchtigen Kreidezeichnungen ungeschützt im öffentlichen Raum hingen, überdauerten nur wenige der ursprünglich rund 5000 Werke. Heute befinden sich sechs von ihnen im Museum Brandhorst, wo Restaurator:innen des Doerner Instituts für ihren Erhalt sorgen.

Viele der noch erhaltenen U-Bahn-Bilder waren von Haring-Fans aus den Plakatrahmen geschnitten worden. Teilweise wurde sogar die gesamte Rahmenkonstruktion aus glasfaserverstärktem Kunststoff von der Wand gehebelt, was unübersehbare Spuren wie Löcher in Papier und Rahmen hinterließ. Die Entstehungs- und Werkgeschichte der „Subway Drawings“ erfordern einen besonderen konservatorischen Umgang: Verschmutzungen aus den U-Bahn-Gängen und Spuren der Demontage werden – entgegen der klassischen restauratorischen Praxis – bewusst belassen, da sie von der bewegten Geschichte der Werke erzählen.

Out of the Factory

Warhols wohl experimentellste Werkserie sind die legendären „Oxidation Paintings“. Ende der 1970er-Jahre begann der Künstler, die chemische Reaktion zwischen Metall und menschlichem Urin mit alchimistischer Freude und Akribie zu erforschen.

Die selbst angemischte Malfarbe aus Bindemittel und Kupferpulver wurde auf die Leinwände gestrichen und direkt danach mit Urin in Kontakt gebracht. Die chemische Reaktion zwischen Kupfer und Urin führte zur Oxidation – Namensgeberin für diese Werke, die oft auch als „Piss Paintings“ bezeichnet wurden. Faszinierende Veränderungen der Oberfläche, die pudrige Texturen und Farben von leuchtendem Grün bis hin zu Blau- und Brauntönen hervorbrachten, manifestierten sich. Zum Einsatz kam nicht nur der Urin des Künstlers, auch Assistent:innen und Besucher:innen der Factory waren eingeladen, sich auf den metallisch glänzenden Oberflächen zu verewigen.

Die komplexen Prozesse der Oxidation sind heute keinesfalls abgeschlossen: Sie bleiben aktiv und verändern Erscheinungsbild und Zustand der Gemälde langsam immer weiter. Restaurator:innen für moderne und zeitgenössische Kunst befassen sich mit der Erforschung und Prognose dieser Veränderungen – Veränderungen, die manchmal von Künstler:innen beabsichtigt, oftmals aber auch Zufallsprodukte oder der unaufhaltsamen Alterung geschuldet sind. Im Fall dieser Werkserie zeigte sich, dass klimatische Schwankungen die schleichende Oxidation rasant beschleunigen und zu markanten Farbumschlägen führen. Umso wichtiger ist es, die Bedingungen für Präsentation und Lagerung mit besonderer Sorgfalt zu planen und die „Oxidation Paintings“ wachsam im Auge zu behalten.

Back to the 80s

Tagesleuchtfarben, besser bekannt als Neonfarben, haben die Kunstwelt seit ihrer Entstehung nachhaltig geprägt. Bereits bei Andy Warhol waren diese leuchtenden Malfarben sehr beliebt, da sie perfekt zur grellen, lauten Ästhetik der Pop-Art passten. In den 1980er-Jahren nutzte auch Keith Haring diese intensiven Pigmente, um seine charakteristischen Figuren und Symbole zum Leben zu erwecken.

Diese besonderen Farben bestehen aus Fluoreszenzfarbstoffen, die in einem Bindemittel gelöst sind. Ihr Markenzeichen ist die Leuchtkraft, die unter Tageslicht am stärksten zur Geltung kommt. Der Begriff „Tageslichtfluoreszenz“ deutet bereits darauf hin: Schon sichtbares Licht kann die Pigmente zur Fluoreszenz anregen, was ihnen eine besondere Leuchtkraft verleiht.

Trotz oder gerade wegen ihrer visuellen Faszination bergen diese Pigmente Herausforderungen: Ihre geringe Lichtechtheit macht sie empfindlich gegenüber sichtbarem Licht und UV-Strahlung, was zu einem schnellen Verblassen der Malerei führen kann. Diese Empfindlichkeit stellt Restaurator:innen und Museen vor die Aufgabe, eine gute Balance zwischen der Präsentation und dem unmittelbaren Erlebnis der Kunst und ihrem langfristigen Erhalt zu finden. Spezielle konservatorische Vorgaben mit Blick auf die Beleuchtungsstärke und Ausstellungsdauer sind daher notwendig, um die leuchtende Malerei zu bewahren und ihre intensive Wirkung auch für zukünftige Betrachter:innen zu sichern.


Beitrag von

Isabel Gebhardt und Michaela Tischer Isabel Gebhardt ist leitende Restauratorin im Museum Brandhorst; Abteilung Konservierung, Restaurierung und Kunsttechnologie, Doerner Institut. Michaela Tischer ist Restauratorin im Museum Brandhorst; Abteilung Konservierung, Restaurierung und Kunsttechnologie, Doerner Institut

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