Der Blog der Pinakotheken

Geschichten aus dem Museum

HM BACHMAYER

04.09.24 | Digitale Kommunikation

Ein Schatz für die Kunstwelt

Die Schenkung der Stiftung van de Loo

Die Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne hat kürzlich einen bedeutenden Zuwachs erhalten: Durch eine großzügige Schenkung der Stiftung van de Loo bereichern dreizehn Werke den bestehenden Kunstbestand und ergänzen die Sammlung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Pinakothek. Die Auswahl umfasst Werke von Miriam Cahn, Jean Dubuffet, Pinot Gallizio, Asger Jorn, Judit Reigl sowie den Münchner Künstlern Hans Matthäus Bachmayer, Heimrad Prem und HP Zimmer.  

Eine Verbindung, die Geschichte schrieb 

Die Schenkung markiert den Abschluss einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der Stiftung van de Loo und der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne. Diese Kooperation wurde durch die Ausstellung „Die Welt kann nur durch uns enttrümmert werden." Die Sammlung van de Loo gekrönt, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Die Ausstellung bot einen tiefen Einblick in das europäische Denken und die Förderung kreativer Ausdrucksformen, die das Herzstück des Galerieprogramms von Otto van de Loo bildeten. 

Otto van de Loo: Ein Leben für die Kunst 

Otto van de Loo, Gründer der gleichnamigen Galerie, war eine Schlüsselfigur in der Münchner Kunstszene. 1957 eröffnete er seine Galerie und stellte von Anfang an Künstler vor, die für offene Bildwelten und freies Denken standen. Schon früh wurden Werke aus seiner Galerie für die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erworben, und Schenkungen folgten in den Jahren 1999 und 2014. Trotz dieser Erfolge empfand van de Loo, dass es Lücken in der Ankaufspolitik gab. Diese Lücken werden nun durch die aktuelle Schenkung weiter geschlossen. 

Asger Jorn: Ein Blick auf den Meister 

Ein Highlight der Schenkung sind die sechs Werke von Asger Jorn, die den Bestand der Pinakothek auf eindrucksvolle Weise erweitern. Darunter befinden sich Gemälde, Keramiken und Papierarbeiten aus verschiedenen Schaffensphasen des Künstlers. Besonders hervorzuheben ist das Spätwerk „Jedermann“ (1972), das in München entstand und nun eine zentrale Position in der Sammlung einnimmt. Jorn, ein enger Freund der Familie van de Loo, verbrachte viel Zeit in München und hinterließ hier ein bleibendes künstlerisches Erbe. 

Pinot Gallizio und die radikale Kunst 

Ein weiteres bemerkenswertes Werk der Schenkung ist Pinot Gallizios „La sirena e il pirata“ (1958). Die 17 Meter lange Rolle, die einst in der Maximiliansstraße ausgestellt wurde, ist ein eindrucksvolles Beispiel für Gallizios radikale Kunstauffassung, die sich gegen den traditionellen Kunstmarkt richtete. Die Sicherung dieses Werkes für die Pinakothek ist ein großer Gewinn und stellt einen wichtigen Beitrag zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts dar. 

Lücken schließen: Dubuffet, Reigl und Cahn 

Mit der Schenkung werden auch bedeutende Lücken im Bestand der Pinakothek geschlossen. Jean Dubuffets Werk „Noble l'Empire de l'herbe“ (1957) ergänzt die Sammlung um ein weiteres Meisterwerk der Art Brut. Judit Reigls „Gesprengtes Rot“ (1958) und Miriam Cahns Serie „Klassische Körperhaltungen Huren zugeordnet“ (1982) bereichern die Sammlung durch ihre kraftvolle und radikale Ausdruckskraft, die den Geist der Galerie van de Loo perfekt widerspiegelt. 

Ein Erbe, das weiterlebt 

Die Schenkung umfasst nicht nur Werke internationaler Künstler, sondern auch Arbeiten von Münchner Künstlern wie Hans Matthäus Bachmayer, Heimrad Prem und HP Zimmer. Besonders die frühe Skulptur „Gnom“ (1964) von Bachmayer und Zimmers „Moonbit“ (1965) sind bedeutende Zeugnisse der intensiven künstlerischen Auseinandersetzungen, die in der Galerie van de Loo stattfanden. 

Ein bedeutender Meilenstein 

Mit der aktuellen Schenkung erfährt die Pinakothek der Moderne eine wertvolle Erweiterung ihrer Sammlung. Die Werke tragen dazu bei, das künstlerische Erbe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in München zu bewahren und weiterzuführen. Es ist nicht nur ein Geschenk an die Pinakothek, sondern auch ein Vermächtnis, das die Bedeutung von Otto van de Loo und seiner Galerie für die Kunstwelt unterstreicht. 

Diese Schenkung ist zudem ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie durch die Zusammenarbeit von Stiftungen und Museen kulturelle Schätze bewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Die Pinakothek der Moderne ist um einige wertvolle Werke reicher und wird auch in Zukunft die Besucher:innen mit diesen Meisterwerken begeistern. 

Die Schenkung umfasst:  

  • Hans Matthäus Bachmayer, Gnom, 1964  
  • Miriam Cahn, Klassische Körperhaltungen Huren zugeordnet, 11-teilige Serie, 1982  
  • Jean Dubuffet, Noble l'Empire de l'herbe, 1957  
  • Pinot Gallizio, La sirena e il pirata, 1958  
  • Asger Jorn, Avant les Vacances, 1956  
  • Asger Jorn, Jedermann, 1972  
  • Asger Jorn, Ohne Titel, 1954 (Keramik)  
  • Asger Jorn, Ohne Titel, 1954 (Keramik)  
  • Asger Jorn, Le mauvais discours, 1968  
  • Asger Jorn, Versenkter Haxenbauer, 1968   
  • Heimrad Prem, Dualismus, 1964  
  • Judit Reigl, Gesprengtes Rot, 1958  
  • HP Zimmer, Moonbit, 1965 

Prof. Dr. Bernhard Maaz, Generaldirektor: 

„Otto van de Loos Leistung, moderne Kunst im München der Nachkriegszeit zu fördern, ist nicht hoch genug zu bewerten. Mit der großzügigen Schenkung der Stiftung van de Loo gelingt es, diese Leistung auch in unserem Bestand auf herausragende Weise sichtbarer zu machen. München und die europäische Moderne sind eng miteinander verbunden, wie Werke von Asger Jorn und Pinot Gallizio belegen. Doch es lassen sich bei einigen Künstlerinnen und Künstlern auch zahlreiche Brücken zur Kunstgeschichte schlagen, zu Bosch, Rubens oder den Expressionisten.“  

Marie-José van de Loo, Vorstand Stiftung van de Loo: 

„Es ist uns eine große Freude, ein konzentriertes Konvolut aus der Ausstellung „Die Welt kann nur durch uns enttrümmert werden“ anlässlich des 100. Geburtstages von Otto van de Loo der Sammlung Moderne Kunst der Pinakothek der Moderne als Schenkung zu übergeben. Bei diesen „Museumsstücken“ handelt es sich zum großen Teil um Werke, die, als sie zur Zeit ihrer Entstehung erstmals in der Galerie van de Loo zu sehen waren, durchaus Kontroversen oder einfach nur Unverständnis auslösten. Judit Reigl, deren Werk erst heute als wegweisend wahrgenommen wird, malte ihre großformatigen Bilder vor Ort. Asger Jorn kam ebenfalls nach München, um hier zu malen und sich mit anderen auszutauschen. Auch in späteren Jahren blieb die Galerie ein Knotenpunkt. Diese Verbindungen sind auch in der Gruppe der 13 Arbeiten erkennbar, die nun durch die Schenkung dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.”  


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